Darf Wissenschaft menschliche Embryonen zu Forschungszwecken „verbrauchen“? Was spricht für und was gegen das „Klonen“ von Menschen? Wiegen Hoffnungen auf die künftige Heilung von Krankheiten schwerer als die Unverletzlichkeit der Menschenwürde? Und welche Rolle spielen Tierversuche? Diese und weitere ethische Streitfragen um das Thema Stammzellforschung diskutierte Florian Hoffmann mit Schüler:innen, Lehrer:innen und Stammzellforscher:innen beim digitalen UniStem Day 2021 am Universitätsklinikum Essen.
Stammzellen gelten als Hoffnungsträger einer künftigen regenerativen Medizin. Gleichzeitig stehen sie beispielhaft für eine Reihe neuer Technologien, die Politik, Wissenschaft und Gesellschaft mit neuartigen Herausforderungen konfrontieren. Insbesondere die Beforschung sogenannter embryonaler Stammzellen, die aus frühen Embryonen gewonnen werden und sich zu allen möglichen Zelltypen ausdifferenzieren können, hat in den frühen 2000er Jahren ein breites öffentliches Interesse geweckt, das in kontroverse gesellschaftliche Debatten mündete.
Letztere sind heute weitgehend verstummt: Während in den Laboren weltweit weiter an menschlichen Stammzellen geforscht wird, ist die öffentliche Aufmerksamkeit zu anderen Trendthemen gewandert. Doch die ethischen und politischen Fragen sind damit keineswegs gelöst. Sie haben sich vielmehr verlagert und im Zuge technologischer Innovationen sogar verkompliziert, wie Ergebnisse aus der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung zur Stammzellforschung und ihren Anwendungen aufzeigen.
Diese Diskrepanz wurde auf dem digitalen UniStem Day 2021 adressiert. Nach der Eröffnung durch Peter Horn wurden zunächst einige naturwissenschaftlich-technische Grundlagen vermittelt. Daraufhin wurden ethische und politische Aspekte der Stammzellforschung und ihrer Anwendungen diskutiert. Das Themenspektrum reichte dabei von Tierversuchen, Schwangerschaftsabbruch und „Designer-Babies“ über ökonomische Verteilungsfragen und chinesische Informationspolitik bis zu allgemeinen Herausforderungen wie Digitalisierung, Klimawandel und Pandemien.
Im Ergebnis ist zurückzublicken auf eine spannende Diskussion, wobei alle Beteiligten ihre Perspektiven einbringen, die eigene Urteilsbildung anregen und voneinander lernen konnten. Dies ist vor allem dem bewusst offenen Gesprächsformat zu verdanken – und leistete im Sinne von partizipativer Technikfolgenabschätzung und Wissenschaftskommunikation einen praktischen Beitrag zu Gesellschaftsberatung und Wissenschaftssystementwicklung.