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„Wandel und Innovation im Wissenschaftsmanagement – Thinking outside the Box“

Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement 2021

Am 10. September 2021 fand die erste Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement statt, die komplett digital abgehalten wurde. Eine ungewöhnliche Herausforderung für eine Veranstaltung, die das Netzwerken als einen ihrer zentralen Bestandteile versteht. Auch wenn dieser Aspekt der Tagung dieses Jahr möglicherweise durch das digitale Format etwas zu kurz gekommen ist, waren der thematische Input und die zahlreichen spannenden Diskussionen dafür umso überzeugender. Die Vielfalt der parallel angebotenen Sessions hat die Teilnehmer:innen allerdings auch dazu gezwungen, schweren Herzens einige Themen auszulassen, um bei anderen dabei sein zu können. Zum Start hatte ich aus den angebotenen Mini-Weiterbildungen die Session zum Thema „Science Diplomacy“ mit Sophie von Knebel und Nadia Meyer (DLR) ausgewählt. Die beiden Referentinnen gewährten dabei nicht nur erste Einblicke in die Fragen, was sich überhaupt hinter diesem Begriff verbirgt, sie gaben auch einen groben Überblick darüber, wo bereits heute mit Science Diplomacy gearbeitet wird und welche wichtigen Stakeholder in dem Bereich bislang aktiv sind. Leider hatten wir nicht sehr viel Zeit, das Thema weiter zu vertiefen aber es ist den Referentinnen auf jeden Fall mehr als gelungen, die Anwesenden neugierig zu machen.

Im Anschluss an das Workshopangebot fand die offizielle Eröffnung der Tagung statt, verbunden mit der ausgezeichneten Keynote „Veränderungen im Wissenschaftssystem der nächsten 10 Jahre und ihre Implikationen für das Wissenschaftsmanagement“ von Prof. Dr. Jule Specht (Humboldt-Universität zu Berlin). Nicht nur die Vortrag aufgeworfenen Fragen zur Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems, sondern auch die bereits angerissenen potentiellen Antworten sorgten für Diskussionsbedarf, der bis weit in die Mittagspause hinein reichte und auch dann noch nicht wirklich erschöpft war. Besonders interessiert wurde darüber diskutiert, wie das Wissenschaftssystem das Problem der prekären Arbeitsverhältnisse bewältigen kann, das aktuell unter #IchbinHanna auf Twitter und inzwischen auch in anderen medialen Formaten kontrovers diskutiert wird.

Nach der somit recht kurz geratenen Mittagspause stellte unsere Kollegiatin Julia Wiethüchter in ihrer Session zu dem Thema „Internationalisierung und Nachhaltigkeit von Forschungskooperationen durch Digitalisierung? Demonstration und Reflektion einer Open Innovation Plattform“ die bei der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelte Open Innovation Plattform Saira (www.saira.eco) vor. Saira dient dem Matchmaking von Forschenden, die Partner aus der Wissenschaft, aus dem privaten und öffentlichen Sektor für internationale Kooperationen, die zu nachhaltiger Entwicklung beitragen, suchen. Die verschiedenen Funktionen der Plattform wurden bei einem Walk-through demonstriert. Anschließend wurden einige Lessons Learned präsentiert. Von Saira gab es eine erste Version, die dieses Jahr noch mal ganz neu aufgesetzt wurde, vor allem weil es viel Verbesserungsbedarf in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit (Usability) gab. Außerdem war die erste Version nur auf Forschende, Start-ups and Firmen fokussiert. Für Innovationen im Kontext nachhaltiger Entwicklung sind aber viele Stakeholder entscheidend, die mit der neuen Version angesprochen werden sollen. Von den Teilnehmenden der Session wurden selbst spannende Ideen für die Verwendung von Online Plattformen im Wissenschaftsmanagement eingebracht: Zur Vernetzung von Musik- und Kunsthochschulen, für Weiterbildungsangebote, und für die Vernetzung transdisziplinärer Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit in Forschung, Lehre und Infrastruktur. Allerdings wurde auch kritisch hinterfragt, wie leicht es ist, eine ausreichende Nutzerbasis zu schaffen, wie Konkurrenzdenken in Kooperationsdenken verwandelt werden kann und wie die Qualität der hochgeladenen Inhalte gewährleistet werden kann. Open Innovation und Online Plattformen sind somit interessante Tools für das Wissenschaftsmanagement, die jedoch gut vorbereitet und immer wieder optimiert werden müssen. 

Zur gleichen Zeit stellte unser Kollegiat Jan Lauer in seiner Session die Fragen „Vertrauen ist gut – Governance ist besser? Welche Rolle spielt Vertrauen in der Arbeit von Wissenschafts­managerinnen und -managern?“. Governance an Hochschulen soll – so der Wissenschaftsrat – ermöglichen, in „begrenzten Zeiträumen zu guten Entscheidungen zu gelangen, welche sich nicht auf Minimalkonsens beschränken.“ In der Praxis gestaltet sich dies häufig heraufordernder als in der Theorie. Hierarchische Entscheidungen sind nach wie vor selten und oft nur eine ultima ratio. Vielmehr werden Projekte durch Verhandlungsprozesse umgesetzt. Und es sind gerade Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager, die hiermit beauftragt werden.

Daher ist es wichtig zu fragen welche Funktion dabei Vertrauen übernimmt, ob es als „Schmiermittel“ für die Zusammenarbeit funktioniert oder ob ein „gesundes Misstrauen“ notwendig ist, um Entscheidungen zu treffen. In der Session wurden zunächst die Universität als Organisation und die Funktionen von Vertrauen vorgestellt. Die Teilnehmenden hatten danach die Möglichkeit, sich über die Rolle von Vertrauen in ihrer täglichen Arbeit in Breakout Räumen auszutauschen. Abschließend wurden gemeinsam Handlungsmöglichkeiten für die Praxis diskutiert.

Das dritte Format, an dem unsre WiMaKo Kolleg im Rahmen der Tagung beteiligt war, das Mini-Barcamp „Digitale Kompetenzen im Wissenschaftsmanagement“, startete im Anschluss daran nach einer kurzen Kaffeepause. Betrachtet man sich, dass die Coronapandemie vielfach wie ein Katalysator auf die Digitalisierungsprozesse in deutschen Wissenschaftseinrichtungen gewirkt hat, stellt sich auch die Frage, was das für die digitalen Kompetenzen im Wissenschaftsmanagement bedeutet. In dem dazu angebotenen Barcampformat, das gemeinsam von Julia Wagner (ZWM), Katja Knuth-Herzig (WiMaKo) und Julia Rathke (KaWuM) durchgeführt wurde, hatten sich trotz der zahlreichen parallelen Sessions rund 30 Teilnehmende eingefunden, um ihr Wissen zum Thema auszutauschen und den Referentinnen mit auf den Weg zu geben, welche Bereiche der Digitalisierung im ZWM, in der Forschung und im Masterstudiengang Wissenschaftsmanagement künftig stärker adressieren werden sollten. Da für das Barcamp leider nur 75 Minuten Zeit eingeplant waren, standen bereits drei „virtuelle Themen-Tische“ vor Auswahl, um zu diskutieren, Wissen und Erfahrungen zu teilen, sowie sich untereinander zu vernetzen.

  • „What’s up today?“: Wie sieht der (digitale) Arbeitsalltag von Wissenschaftsmanager/innen aktuell aus? Welche Tools und Techniken werden genutzt?
  • „Digital Fuck-up“: Welche Herausforderungen der Digitalisierung begegnen den Wissenschaftsmanager/innen in ihren Institutionen? Wo und warum sind sie gescheitert? Was können wir daraus lernen?
  • „Digital-Soft-Skills“: Wie gestalten sich Zeitmanagement, Führung und Kommunikation in digitalen Settings?

Mit diesen drei digitalen Räumen bei der Netzwerktagung soll das Gespräch zur Digitalisierung im Wissenschaftsmangement aber noch längst nicht beendet sein. Eine erste Wiederholung des Mini-Barcamp Formats wird es beim #WiMaKoForum am 8. Oktober 2021 geben, zu dem sich Interessierte gerne hier anmelden können.

Im nächsten Jahr wollen wir den Gesprächsfaden auch bei der nächsten Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement neu aufgreifen. Dann hoffentlich wieder in Präsenz, damit wir nicht nur die Mittagspause hindurch, sondern auch in den Kaffeepausen weiter diskutieren und netzwerken können. Wir freuen uns drauf.