Promotionsprojekt von Florian Hoffmann.
Neue Technologien schaffen neue Welten – im Guten wie im Schlechten. Wer hätte vor einigen Jahrzehnten etwa die Folgeerscheinungen von Computer, Internet und „Social Media“ abgesehen? Hoffnungen auf eine digitale „Demokratisierung der Demokratie“ blieben bislang unerfüllt. In Anbetracht von „Fake News“, „alternativen Fakten“ und „Postfaktizität“ trifft heute vielleicht sogar das Gegenteil zu. Bei der Einführung einer Technik sind ihre Folgen stets unbekannt – doch wenn sie sich absehen lassen, ist es bereits zu spät, um noch etwas zu ändern.[1] Mit diesem Dilemma ringt die Technikfolgenabschätzung, indem sie mögliche Folgen von Technik wissenschaftlich abschätzt und das produzierte Wissen über die Chancen und Risiken politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung stellt. Aber wer schätzt die Abschätzung ab?
Der
technische Fortschritt war seit jeher mit der Aussicht auf eine Verbesserung
gesellschaftlicher Verhältnisse durch Naturbeherrschung verbunden – und ist es
noch. Bis in die 1960er Jahre stützte sich diese große Erzählung auf
weitreichende gesellschaftliche Akzeptanz. Letztere schwindet seit einigen
Jahrzehnten offenbar: Ob Atomkraft, Gentechnologie oder Stammzellforschung – immer
wieder wurden die Chancen und Risiken neuer Technologien kontrovers verhandelt.
Heute ist die durch moderne Großtechnologien und technische Systeme geformte
Welt womöglich selbst zur „zweiten Natur“ geworden. Dabei markiert die
Verheißung der einen die „Zumutung“[2] der anderen. Die hieraus
resultierenden gesellschaftlichen
Konfliktlinien in die Demokratie einzubetten bildet die Aufgabe der Technikfolgenabschätzung.
Allerdings ist die Technikfolgenabschätzung
seit geraumer Zeit ihrerseits einer Kritik ausgesetzt, welche sie – je nach Beobachtungsstandpunkt
– als „Technikermöglicherin“ oder „Technikverhinderin“ inszeniert.[3] Die Technikfolgenabschätzung
lässt sich selbst als eine Sozialtechnologie
beschreiben, die Technikbefürworterinnen und -gegner auf einen gemeinsamen
Diskurs verpflichtet. Infolgedessen gelten sowohl fundamentaler Widerspruch als
auch technologischer Determinismus als illegitim. Stattdessen sind die Chancen
und Risiken technischer Innovationen rational gegeneinander abzuwägen und demokratisch
zu entscheiden. Auf diesem Hintergrund erscheint das Vorhaben fruchtbar, ungenutzte
Reflexions- und Steuerungspotentiale im Rahmen einer Technikfolgenabschätzung
der Technikfolgenabschätzung auszuloten.
[1] Collingridge, David, 1982: The Social Control of Technology. New York: St. Martin’s Press.
[2] Martinsen, Renate (Hrsg.), 1997: Politik und Biotechnologie. Die Zumutung der Zukunft. Baden-Baden: Nomos.
[3] Grunwald, Armin, 2002: Technikfolgenabschätzung – eine Einführung. Berlin: edition sigma, 285-290.